Applaus
Meine Tochter ist 15 Monate alt und hat etwas gut gemacht.
Also applaudiert sie sich selbst.
Warum können das so viele Erwachsene nicht - sich selbst applaudieren?
Mein Ziel ist, dass sie das auch noch mit 5, 10, 20, 40, 80 Jahren kann - sich selbst applaudieren!
Gut gemacht - ja!
„Gut gemacht!“ sage ich zu meiner Tochter.
„Ja!“ sagt sie.
Erwachsene (Frauen) stattdessen:
„Nein. Das war leicht. Mir wurde geholfen. Ich hatte Glück. Die Umstände waren günstig. Das hätte jede:r geschafft.“
Nicken
Ein Kinderlied besingt, wozu Körperteile gut sind.
Der Kopf? Der ist zum Nicken da!
Mir fallen noch andere Dinge ein, wozu ein Kopf genutzt werden kann...
Die Banane
Empörtes Geschrei bei meiner Tochter: Die Banane, die ich ihr gegeben habe, habe ich abgebrochen. Das war falsch.
Verzweifelt versucht sie, die Banane wieder zusammenzusetzen. Vergeblich.
Manches im Leben lässt sich nicht rückgängig machen.
Aua, bewegt
Meine Tochter und ich beschauen ihre Wunden: Hier eine Beule, dort eine Schramme.
„Ja, so ist das“, erkläre ich, „Wenn man sich bewegt, dann tut man sich manchmal weh.“
Ist eigentlich auch bei Erwachsenen so: Wer nie Schmerz erlebt, der hat sich auch nicht bewegt.
Treppentraining
Meine Tochter übt Treppen steigen. Ich habe keine Lust mehr und hebe sie weg. Wutanfall!
Verständlich irgendwie...
Wen hältst du gerade davon ab, den nächsten Schritt zu gehen?
Milch! Milch! Milch!
„Milch! Milch! Milch!“
Klar, unmissverständlich und wiederholt kommuniziert meine Tochter, was sie will. Gebe ich ihr das nicht, ist klar was folgt: Protest, Geschrei, vehementere Forderung.
Ich schmunzle und stelle mir das bei der Gehaltsverhandlung vor: „Geld! Geld! Geld!“, Geschrei bei Ablehnung.
Wann verlernen Erwachsene ihre Wünsche, Bedürfnisse, Erfordernisse einzufordern?
Bleib mal unten
Meine Tochter klettert alleine auf die Couch. Ich fürchte, dass sie runterfällt, und sage: „Bleib mal unten“.
Sie prüft meinen Vorschlag... und klettert trotzdem rauf.
Welche Unten-haltungs-Versuche lassen wir uns gefallen? Welche nicht?
Türklinke
Meine Tochter kann jetzt Türklinken öffnen. Ich öffne die Tür, obwohl sie dabei ist.
Beschwerde. Tür wieder zu. Sie öffnet.
Mach das auch nicht bei Großen - ihnen Dinge abnehmen, die sie selbst können und wollen.
Regen
Wie findest du Regen? Nervt, oder?!
Findet meine Tochter jedenfalls nicht. Mit ihr kann ich super im Regen spazieren - in Regenjacke, mit und ohne Schirm: Tropfen, Pfützen, Ströme genießen und Spaß haben!
Eigentlich total super, Regen! ... Ist mir dann aufgefallen.
Was ist bei dir noch so negativ konnotiert?
Wir Menschen sollten uns vertragen!
Lage der Weltpolitik: Russland überfällt die Ukraine.
Ich lerne ein neues Kinderlied kennen. Eine Textzeile packt mich - so einfach und kindlich in der Sprache: „Wir Menschen sollten uns vertragen.“
Es könnte alles viel friedlicher sein, wenn alle im Kindergarten aufgepasst hätten.
Keinen Schritt weiter!
Ich hebe meine Tochter aus dem Buggy, damit sie noch etwas läuft.
Sie will zurück in den Buggy, jammert und bleibt wie angewurzelt stehen.
Ich locke ohne Erfolg. Die Situation hat nur einen Ausweg: Zurück in den Buggy!
Krass - denke ich: Sie ist nicht einen Schritt gelaufen.
Wie oft gehen wir widerwillige, genötigte Schritte - auch, wenn wir etwas eigentlich gar nicht wollen?
Ich bin eine Katze!
„Ich bin eine Katze!“
„Ich bin eine Katze!“
„Ich bin eine Katze!“
Am dritten Abend packt es mich. Ich erkläre: „Du bist ein Mensch. Du spielst, dass du eine Katze bist.“
Ich blicke in unverständige Kinderaugen. Sofort bereue ich, dass ich meiner phantasiebegabten Tochter mit so einem spitzfindigen Erwachsenenscheiß komme.
„Ja. Du bist eine Katze!“
Mund zu
Ich habe in meinem Leben schon so manche Herausforderung bewältigt.
Nichts davon war vergleichbar mit dem Ansinnen, ein wiederholt unwilliges Kleinkind davon zu überzeugen, den Mund zu öffnen, damit ich die Zähne putzen kann.
Die Phase ist vorbei. Die Lektion bleibt:
Unfassbar, wie durchsetzungsstark Menschen sind, die
(1) wissen, was in ihrer Macht steht
(2) tun, was sie wollen
(3) nicht tun, was sie nicht wollen.
Erwachsene, im Gegensatz dazu, um ihre Ziele zu erreichen, reden ewig auf Andere ein und hoffen, dass sie dadurch deren Zustimmung erhalten. Dann können sie endlich tun, was sie die ganze Zeit schon tun konnten. Komisch.
Das Duplohaus
Wir haben ein episches Duplohaus gebaut und dafür fast alle Steine verbraucht.
Ich will das Werk noch bewundern; schon reißt meine Tochter alles in wenigen Sekunden ein. Kein Stein steht mehr auf dem Anderen.
Manchmal muss etwas Altes weichen, damit etwas Neues entstehen kann.
Wie Kinder malen
Erstaunlich, wie Kinder malen!
Hier: Zettel und Stifte!
Sofort geht's los: Ausschweifende, raumgreifende, virtuose, bunte Formen.
Viel gelobt werden sie schon, aber eigentlich ist es ihnen egal. Sie haben einfach Bock zu malen.
Erstaunlich, wie viele Erwachsene malen!
Hier: Zettel und Stifte!
...
Nichts.
Warum soll ich jetzt malen? Was soll ich malen?
Dann Beteuerungen: Ich kann eigentlich gar nicht malen...
Dann wird ein Plan erstellt. Zaghaft mit Bleistift entstehen erste stümperhafte Skizzen.
Dann kommt der innere Kritiker zurück, mustert das Werk und erklärt, dass es eigentlich scheiße aussieht.
„Alle Kinder sind Künstler. Das Problem ist, ein Künstler zu bleiben, wenn man erwachsen ist.“ – Pablo Picasso
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